Hortien, Richard

Musicalarbeit in der Schule

Eine Möglichkeit zur Verbesserung des Klassenklimas. (Forum Musikpädagogik, Band 73, hrsg. v. Rudolf-Dieter Kraemer)

Thema: Bücher
Verlag/Label: Wißner, Augsburg 2006
erschienen in: Musik in der Grundschule 2007/04 , Seite 47

Die Untersuchung, wie Musicalarbeit das Klassenklima verbessern kann, hängt mit der Lehrerfortbildungsveranstaltung „Arbeitskreis Musik für die Schule“ im Regionalbereich Lübeck zusammen, die der Autor von 1989 bis 1998 leitete. Alle teilnehmenden LehrerInnen kamen aus dem Grund- und Hauptschulbereich und unterrichteten das Fach Musik, etwa die Hälfte hatte das Fach aber nicht studiert.
Im Lauf der Fortbildung kam auch immer wieder die Problematik schwieriger oder verhaltensauffälliger Kinder sowie Probleme mit der ganzen Klasse (z. B. Unlust, Disziplin, Unterrichtsklima, Unruhe, Unansprechbarkeit) zur Sprache. Wie kann man auffälligen Kindern gerecht werden? Wie wirkt sich das Verhalten einzelner SchülerInnen auf die ganze Klasse aus? Wie fühlen sich die SchülerInnen in dieser Klasse? Und wie beurteilen sie die Klassengemeinschaft?
Musiktherapeutische Ansätze für die Regelschule mit einem durchgängigen methodisch-didaktischen Konzept gibt es bisher nicht, auch wenn neue Lehrpläne für Musik musiktherapeutisches Denken in einigen Aspekten aufnehmen.
Richard Hortien versucht in seinem Buch zu beantworten, warum gerade die Beschäftigung mit einem Musical in Hinsicht auf das Klassenklima so erfolgreich ist.
Einerseits beinhaltet längerfristige Musicalarbeit mit einer Klasse vielfältigste Möglichkeiten zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten im Sachbereich, die in praxisorientierter Arbeit erlangt werden.
Andererseits ist sie im Sinne eines hier entwickelten sozialpädagogisch und musiktherapeutisch orientierten Konzeptes von Musikunterricht hervorragend geeignet, positiven Einfluss auf die sozialen Strukturen in der Schülergruppe zu nehmen und damit das Klassenklima zu verbessern.
Hortien begründet die Basis für die Musicalarbeit in Betrachtungen zum Klassenklima und zu Störungen im Unterricht zunächst theoretisch.
Anschließend stellt ein umfangreicher Praxisteil anhand des Musicals Der blaue Strahl sowie weiterer musikalischer Maßnahmen detailliert die Anforderungen und Möglichkeiten des Konzepts dar.
In einem der Kapitel geht Hortien näher auf eine Weihnachtsfeier ein, die, ähnlich wie das Musical, projektorientiert über einen längeren Zeitraum vorbereitet wurde und möglichst viele sozial integrative Elemente mit einschloss. Es wurden Weihnachtslieder aus verschiedenen Kulturkreisen mit den SchülerInnen erarbeitet, die getanzt werden konnten. Dies ermöglichte Erfahrungen mit der eigenen und fremden Körperlichkeit. Außerdem wurden Lieder eingeübt, die instrumental improvisiert werden konnten, um gemeinschaftsbildende Elemente zu ermöglichen. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Feier sollten auch die Familien der Kinder mit einbezogen werden. Die SchülerInnen brachten ihren Eltern zu Hause die unbekannten Lieder bei, sie basteteln mit den Eltern in der Schule Vorbereitetes, sie bedienten die Familienangehörigen vor der Aufführung mit Kaffee und Kuchen (in Umkehrung des Führsorgeprinzips) und sie tanzten gemeinsam eine Polonaise.
Der abschließende empirische Teil gibt statistisch aufgeschlüsselt die erfolgversprechenden Möglichkeiten von Musicalarbeit in der Schule unter sozialpädagogischem Denken wieder.
Hortiens Studie möchte darüber hinaus auch als Anregung verstanden werden, Lehrplanvorgaben, Unterrichtsinhalte und ihre methodische Umsetzung – nicht nur im Fach Musik – zu überprüfen und zu erweitern. Hier bestünden viele Möglichkeiten, gezielt auf soziale Gegebenheiten in der Klassengemeinschaft stabilisierend oder positiv verstärkend einzuwirken.
Karin Westphal