Dapper, Beate-Manuela

Mexiko – Musik aus einem Schokoladenland

Sechs Lernstationen – ab Klasse 4

Thema: Werkstatt
erschienen in: Musik in der Grundschule 2002/03 , Seite 06

Lieder anderer Länder laden uns dazu ein, fremde Kulturen näher kennen zu lernen. Über die Gefühle, die wir beim Hören landestypischer Musik empfinden, öffnen wir eine Tür: die Tür der Neugier. Vor allem Kinder erleben andere Kulturen offenherzig und interessiert. Die verschiedenen Erlebnisstationen, mit deren Hilfe Sie mit Kindern diese fremde Kultur entdecken können, haben sich aus der Praxis ergeben und stehen symbolisch für eine   Vielfalt, die hier natürlich nicht vollständig dargestellt werden kann.

Mexiko ist ein Land voller Buntheit. Es ist die Heimat von über tausend Vogelarten sowie unzähligen weiteren Tieren und Pflanzen. Die farbenfrohe Natur spiegelt sich in der fröhlichen Musik, der Kunst, der Kleidung und dem ganz eigenen Verständnis von Glück wider. Das im Vergleich zu Deutschland fast fünfmal so große Land bietet rund 97 Millionen Einwohnern eine Heimat mit großer Vielfalt. Allein zwanzig Millionen Menschen leben im heutigen Mexico City, dem ehemaligen Territorium der Azteken.

Auf den folgenden Seiten werden Möglichkeiten gezeigt, mit der Klasse ein mexikanisches Fest wie z. B. den Unabhängigkeitstag am 16. September in historischer Anlehnung zu feiern und die Sinne für globales Volks- und Naturbewusstsein zu schärfen. Interkulturelle Musikerziehung beinhaltet nicht nur das Musikmachen und -hören, sondern ein darüber entwickeltes Verständnis für die Menschen, das Land und die Geschichte.

Die Stationen

1. Erlernen des Liedes „De Colores” in Spanisch und Deutsch.

2. Basteln bunter Instrumente, ähnlich derer, die von den Azteken gespielt wurden, um das Lied zu begleiten.

3. Kakao-Zubereitung mit dem rhythmischen Vers „El chocolate”.

4. Visuelle Wahrnehmung Mexikos und seiner Menschen in Reiseprospekten und Büchern.

5. Basteln von Federkronen mit Perlen und farbigem Papier sowie Auswahl bunter Kleidung.

6. Gestalten eines farbenfrohen Gemeinschaftsbildes mit mexikanischen Motiven.

Viel Spaß … vielleicht bei einer Klassen- oder Schulaufführung.

Kleiner historischer Exkurs

Aus dem bisher noch unentdeckten Land Aztlan wanderten die Mexica – wie sich die Azteken selbst nannten – auf Geheiß ihres Sonnengottes Huitzilopochtli auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in den Süden. Die Sage überliefert, dass es ein Land sei, das mitten in einem See liege. Erkennen würden sie es, wenn sie einen Adler als göttlichen Boten auf einem Kaktus sitzend sähen, der gerade eine Schlange verspeist. Im Jahr 1325 war es dann soweit: Als das Wandervolk genau dieses Bild erkannte, wusste es, dass die Reise zu Ende war.

Die Stadt, die sie dort aufbauten, nannten sie Tenochtitlán, was soviel wie „Ort der Kaktusfrucht” heißt. Mit unglaublicher Geschicklichkeit und genialem Erfindersinn machten sie das Gebiet mitten in einem Salzsee urbar und entwickelten sich in kürzester Zeit zur einflussreichsten Kultur ihrer Zeit in Mittelamerika. Die Azteken hatten unzählige Götter. Neben Huitzilopochtli galten Tlaloc, der Regengott, und Quetzalcoatl, der Gott des Windes, als die wichtigsten. Der Sage nach schenkte Quetzalcoatl, der oft als gefiederte Schlange dargestellt wurde, den Vorgängern der Azteken (den Tolteken) den Samen für den Kakaobaum. Nach einem Streit mit dem Sonnengott soll er auf einem aus Schlangen gebundenen Floß mit der Bemerkung, er komme wieder, verschwunden sein. Da die Überlieferung erzählt, dass er als weißhäutiger Mensch mit schwarzem Bart aus dem Osten über das Meer käme, hielt der letzte Herrscher der Azteken, Montezuma II, Hernando Cortes für den Gott. Dieser Irrtum wurde den Azteken zum Verhängnis. Bis zum Jahr 1810 blieb Mexiko unter spanischer Gewalt. Am 16. September des Jahres begann unter Pater Hidalgo der Kampf um die Unabhängigkeit. Dieser Tag wird in jedem Jahr als Unabhängigkeitstag von allen Mexikanern mit Musik, Tanz und bunten Kostümen gefeiert.

1. Singen: De Colores

„Colores” heißt nicht nur „Farben”. Gemeint ist in diesem Lied, dass Farben unser Leben bereichern. Es gibt Farben für die Liebe, das Traurigsein und Gefühle aller Art. Das Lied „De Colores” ist Ausdruck der Buntheit Mexikos. Es fehlt bei keinem Fest. Wegen seiner Einfachheit und Klarheit ist es ein beliebtes Kinderlied. Ursprünglich wurde der Text im 16. Jahrhundert von einem unbekannten Spanier geschrieben, der damit wohl die Schönheit Mexikos zum Ausdruck bringen wollte.

Es existieren noch zwei weitere Strophen, verfasst von Lilia Cuervo (*1937), auf die hier verzichtet werden soll, um die Kinder nicht zu überfordern. Das Playback auf der Begleit-CD ist auf zwei Strophen zugeschnitten: die erste soll in Spanisch, die zweite in Deutsch gesungen werden. Darüber hinaus enthält die CD mehrere Einspielungen von „De Colores” sowie eine Klangdemonstration der Rhythmusbegleitung.

2. (Basteln und) Begleiten

Die heutige mexikanische Musik ist ein Mix aus aztekischer und spanischer Kultur. Bei den Azteken spielte die Musik eine wichtige, oft kultische Rolle. Der Musikgott Macuilxochitl war gleichzeitig auch für den Tanz, die Spiele, das Lachen (!) und die Poesie zuständig. Die aztekischen Musiker spielten auf Trommeln aus Ton, Holz oder einem Schildkrötenpanzer. Sie hatten Schrapinstrumente und Rasseln, aber auch Flöten aus Ton und Trompeten aus Meeresschneckengehäusen. Der Franziskanermönch Fray Bernardino de Sahagún (16. Jahrhundert) war einer der frühen christlichen Chronisten in Mexiko. Er beschrieb in seinen zwölf Manuskriptbüchern die Kultur der Azteken und zeichnete 365 aztekische Lieder auf. Von ihm wissen wir z. B., dass der Musikraum Cuicacalo hieß, der Instrumentenbauer Tlapitzcatzin und der Musiklehrer bzw. Leiter einer Musikgruppe Ometochtli. Darüber hinaus überlieferte er, welche Instrumente im aztekischen Reich benutzt wurden. Einige davon können zur Begleitung des Liedes „De Colores” gespielt werden (Beschreibung der Instrumente siehe Kasten auf Seite 10).

3. Schokoladezubereitung

Xococatl oder Chocolate sind Namen für Schokolade. Xococ (Schokolade) hieß bei den Azteken „würzig” und „bitter”, atl war das Wasser. Die Kakaobohnen wurden geröstet, gemahlen und mit allerlei Pflanzenextrakten (z. B. auch Chili) verfeinert. Dann wurde das Pulver in Wasser eingerührt und als Götterspeise (bei den Azteken) kalt getrunken. Ursprünglich war Mexiko gar kein Kakao-Anbauland. Doch die Azteken gaben der Kakaobohne die Bedeutung, die sie heute in der ganzen Welt besitzt. Sie war Zahlungsmittel und hieß später auch „das braune Gold”. Ein Hase kostete zum Beispiel wohl 100 Kakaobohnen, eine große Tomate eine Kakaobohne. Erst die Spanier mischten den Kakao mit Honig oder Zucker und machten ihn zu dem, was wir heute kennen.

4. Bücher

Visuelle Wahrnehmung durch Reiseprospekte und/oder Bücher über Mexiko; Sammeln von Büchern und Bildern, eventuell Herstellung eines Plakats.

5. Gestalten einer Federkrone

Bunte Federn gibt es in jedem Bastelgeschäft. Die einfachste Form ist, die Federn in einen Stirnreif (mit guter Polsterung) zu stecken oder in ein breites, zuvor beliebig verziertes Gummiband. Zusätzlich sollten die einzelnen Federn am Stoff/Gummi festgenäht werden Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Bunte Perlen auf Schnüren aufgefädelt können z. B. dem Kopfschmuck eine reizvolle Note geben. Zusätzlich können auch noch Ketten und Armbänder aus Perlen und Bändern gefertigt werden.

6. Gestalten eines farbenfrohen Gemeinschaftsbildes

Wir malen in den Farben Mexikos: In einer erfundenen, liedhaften Vortragsweise ruft je ein Kind: „Mis color favorito es … Meine Lieblingsfarbe ist …”

Die Farben (mit Aussprachehilfen):

rojo (rocho) = rot

rosado („s” wie „Wasser”) = pink

anaranjado (anaranchado) = orange

amarillo (amareelyo) = gelb

verde (berde) = grün

azul („z” wie engl. „th”; athol) = blau

marron = braun

negro = schwarz

blanco = weiß

Mit der Lieblingsfarbe malt nun jedes Kind ein Motiv auf ein großes Blatt Papier (bzw. Tapete oder mehrere zusammengeklebte DIN A 3-Blätter), das am Ende zu einem bunten Mexiko-Klassenbild wird.

Hörbeispiele auf der CD

1  De Colores (Nana Mouskouri)

2  De Colores – Playback

3  Rhythmusbegleitung

4  De Colores (Cathy Fink & Marcy Marxer with Brave Combo) – Ausschnitt

5  De Colores (Raffi) – Ausschnitt

Literaur

• Alfons Goldschmidt: Mexiko. Auf den Spuren der Azteken, Leipzig 1985

• Thomas Papa (Hg.): Schokolade. Eine kleine kulinarische Anthologie, Stuttgart 1998

• Siegmund Helms: Außereuropäische Musik, Wiesbaden 1976

• Reinhold Weyer: Die Musik Mexikos, Wiesbaden

Web-Seiten zum Thema

• www.elbalero.gob.mx/kids: Eine mexikanische Kinderseite mit vielen Informationen, z. B. über den Quetzal, oder Rezepten mit Schokolade usw.

• www.infozentrum-schoko.de: Informationen und zum Teil kostenloses Unterrichtsmaterial (nicht geprüft)

Zusatzinformationen

Kakaobaum: Der Kakaobaum galt bei den Azteken als Symbol der Weltrichtung des Südens (wohin sie ja gewandert sind). Das Original stammt aus dem 14. Jahrhundert und findet sich in der altmexikanischen Bil-derhandschrift Codex Fejérváry-Maya.

Federkrone: So sah die Federkrone aus, von der vermutet wird, dass Montezuma II sie getragen hat, was jedoch umstritten ist. Sie besteht aus über 450 Federn des Quetzal (sprich: Ketzal). Daher trägt sie den Namen Copilli Quetzalli.

Quetzal: Die Schwanzfedern eines Quetzal-Männchens werden bis zu einem Meter lang. Er liebt die Abgeschiedenheit und zieht sich gern in die tiefen Wälder zurück. Sein Bauch ist rot, die kurzen Schwanzfedern sind weiß und der Rest ist in hellen bis dunklen Grüntönen gefärbt. Wie viele Vögel mussten wohl für den Federkronen-Schmuck ihre Federn lassen?

Ein aztekischer Musiker, gezeichnet nach einer aztekischen Bilderhandschrift: Ein Musiker hält in der rechten Hand eine Rassel und ratscht mit der linken über einen Schildkrötenpanzer. Die „Kringel” stehen für „Töne” in Form von Sprache oder Gesang.

Sistruminstrumente: Sie werden auch Coyolli genannt und gehörten bei den Azteken zum Grundinstrumentarium. Wie die meisten Rhythmusinstrumente hatten auch sie eine magische Bedeutung. Oft sollten sie böse Geister fortjagen, bevor man sich Ritualen zu Ehren der vielen Götter widmete. Mit etwas Fantasie, Kronkorken oder anderen metallischen Gegenständen lassen sich solche Instrumente leicht selbst basteln.

Bongo: Dieses aus Kuba stammende Instrument gab es bei den Azteken in dieser Form nicht. Jedoch hatten sie eine Zweiton-Trommel aus hohlen Baumstämmen, die Teponaztle. Sie wird zusammen mit anderen Trommelarten auch heute noch gespielt. Schon früheste Kulturen in vielen Ländern der Erde sahen im gleich bleibenden Rhythmus einen Heilungsprozess, da er den Herzschlag, den Rhythmus allen Lebens, symbolisiert. Mit zwei verschieden großen Waschtrommeln, die mit Elefantenhaut (Bastelladen) oder starkem Plastik straff bespannt werden, können Zweiton-Trommeln leicht selbst hergestellt werden. Unten bleibt die Trommel offen, da sie sonst nicht ausklingen kann.

Guiro: Omichicahuatli hießen Schrap-lnstrumente bei den Azteken, die von unserem „Waschbrett-Klang” gar nicht so weit weg sind. Diese Art Instrumente gibt es auf der ganzen Welt. Die Azteken haben ursprünglich in Tier- oder auch Menschenknochen Kerben eingeritzt, um dann z. B. mit Muscheln über sie zu streichen und den typisch kratzenden Klang zu erzeugen. Heute gibt es sie in Plastik, Metall, Holz und in allen Formen, z. B. in Tierformen.

Rasseln (Ayacaztle): Zusätzlich können auch noch Ayacaztle im gleichen Rhythmus wie das Sistrum benutzt werden. Das waren ursprünglich hohle Früchte, die mit getrockneten Samenkörnern gefüllt wurden. Rasseln können in vielfältiger Weise selbst gebaut werden. Hohle Früchte wie Kokosnüsse, Kürbisse, aber auch verzierte Flaschen, Chipsdosen und vieles mehr, die mit Reis, Linsen, Pappschnipseln etc. gefüllt werden, sind ganz individuelle Rhythmusinstrumente für Kinder. Ihren Ursprung haben Rasseln übrigens im Klang der Klapperschlangen. Als Warnung oder kurz vor einen Angriff rasseln sie mit ihrem Schwanz-Endstück aus Horn.