Kühnel, Heidrun / Frigga Schnelle

Der Elefant von Camille Saint Saens

Das bekannte Stück aus dem Karneval der Tiere wird spielerisch entdeckt. Elefanten besuchen die Tanzschule und führen ein Ballett auf - ab Klasse 3

Thema: Aufsatz
erschienen in: Musik in der Grundschule 1999/01 , Seite 09

“Der Elefant” ist der fünfte von 14 Sätzen aus dem “Karneval der Tiere” von Camille Saint-Saëns (1835-1921). Das gesamte Werk spiegelt “karikierend und parodierend musikalische Zeitgeschichte der 80er Jahre aus Paris wider und hat mit einem wirklichen Tiergarten nichts zu tun” (Hildegard Junker in “Schüler im Konzert”, Heft 10, S. 4). In den Jahren 1861 bis 1865 war Saint-Saëns Lehrer an einer Pariser Musikschule. Seinen Schülern bot er u. a. mit musikalischen Parodien eine Abwechslung im Klavierunterricht.

Auf diese Weise entstand auch “Der Elefant”. In diesem Stück greift Saint-Saëns zwei seiner zeitgenössischen Komponisten auf und parodiert sie.
Das kurze Stück, das aus insgesamt 52 Takten besteht, enthält von Takt 21-28 einen Teil aus Hektor Berlioz “Tanz der Sylphiden”, während die Takte 29-32 Felix Mendelssohn-Bartholdys Scherzo aus dem “Sommernachtstraum” entnommen sind.
“Beide Vorlagen symbolisieren die zarte Welt der Elfen und werden hier durch den grummelnden Kontrabass fast schon karikiert: aus hell wird dunkel, aus zart wird rau, aus einem Elfenthema wird ein Elefantenthema” (H. Junker, ebd. S. 8). Zu dem insgesamt im 3/8-Takt gehaltenen Stück lässt sich leicht der schwerfällige Gang eines Elefanten assoziieren. Dieses hat der Komponist über zwei Stilmittel erreicht. Zum einen durch die starke Betonung der ersten Zählzeit, nach einem 4-taktigen Einschwingen ins Tempo, in den Takten 5-20 und deren Wiederholung mit Schlusscoda in den Takten 37-52. Zum anderen lässt die tiefe Lage des gewählten Soloinstruments, des Kontrabasses, an Großes und Schweres denken. Es ergibt sich insgesamt eine Dreiteiligkeit des Satzes, wobei der dritte Teil die Wiederholung des ersten darstellt.

Teil 1, Thema A: Takt 5-20, dann Teil 2 (Thema B) die eher als schwingend empfundenen Takte 21-28, Takte 29-32, die staccato gespielt einen sequenzierten Abwärtsgang beinhalten und nach einer kurzen Überleitung in Teil 3 (wieder Thema A, Takt 3z-52) als Wiederholung des ersten Teiles münden. Die einzelnen Teile bestehen jeweils aus achttaktigen Formen.

Der fiktive Brief

Als Hinführung, aber auch als kurzer Informationstext über den Komponisten und sein Werk, wurde die Form eines Briefes gewählt. Dabei kann der Lehrer unter mehreren Präsentationsformen auswählen.

1. Er findet “zufällig” in seiner Tasche einen an die Klasse adressierten Briefumschlag. Der Brief wird von einem Schüler oder von ihm selbst vorgelesen.
2. Der Hausmeister oder die Sekretärin überbringen kurz nach Stundenbeginn den für jeden Schüler kopierten Brief mit den Worten: “Soeben hat ein französisch sprechender Herr diesen Brief abgegeben und darum gebeten, ihn für alle zu kopieren und in der Klasse abzugeben.” Der Brief wird von allen gemeinsam gelesen.
3. Der Lehrer zeigt einen Umschlag, auf dem “Hörbrief” steht. Die Schüler mutmaßen, worum es sich dabei handeln könnte. Im Umschlag befindet sich die CD und ein Zettel mit dem Hinweis: Wähle Hörbeispiel 1!

Die Tanzschuhe

Bevor das Elefantenballett beginnen kann, muss noch für das nötige Schuhwerk gesorgt werden. Die Elefantenfüße werden in sehr elementarisierter Form dargeboten, da nicht der künstlerische oder anatomisch richtige Aspekt im Vordergrund steht. Ihre Herstellung dient einerseits dazu, die Identifikation mit einem Elefanten zu erleichtern und andererseits durch die Übergröße des Fußes im Vergleich mit dem eigenen, die Schwere der Fortbewegung zu erfassen. Die Herstellung der Elefantenfüße wird von der Lehrkraft erklärt, da ein direktes Vormachen für SchülerInnen dieses Alters leichter nachzuvollziehen ist als eine schriftliche Bastelanleitung. Die Kopiervorlage und eine kurze Bastelanleitung für die Elefantenfüße befindet sich auf Seite 13.

Die Elefantentröte

Wenn man eine Melodie gut kennt, dann möchte man sie gerne mitsingen. Auch den Elefanten geht es nicht anders. Besonders die ersten acht Takte des Elefantenthemas haben es ihnen angetan, die sollen mitgetrötet werden. Nichts ist einfacher als das. Eine Elefantentröte lässt sich innerhalb von wenigen Minuten basteln. Die Melodie kann durch die altbewährte “Papageienmethode” (Lehrer singt vor – Schüler singen nach) erlernt werden oder mit Hilfe von Hörbeispiel 3, in dem alle acht Takte vorgetrötet werden. Zum langsameren Einüben wurde auf Hörbeispiel 4 das Thema halbiert. Es erklingen zuerst nur die ersten drei Takte und das erste Viertel von Takt 4 (im Notenbeispiel die erste Reihe), dann folgt eine kleine Pause zum Nach spielen, zuletzt wird der Rest vorgetrötet.
Kurzer Rüssel: Auf eine der beiden Öffnungen einer leeren Toilettenpapierrolle wird ein Stück Pergamentpapier geklebt. In die offene Seite singt man die Melodie mit den Tonsilben “dü dü dü” herein. Das Papier gerät in Schwingung und es entsteht ein verzerrter lauter Melodieton.
Langer Rüssel: Für einen langen Rüssel nimmt man an Stelle der Toilettenrolle die Pappröhre einer Haushaltspapierrolle. Weitere Spielvorschläge für dieses Instrument (Kazoo, Mirliton) befinden sich in Heft 1/98 “Hexen und Gespenster”.

Weitere methodische Vorschläge

  • Raum als Dschungel mit Pflanzen und herabhängenden Lianen (Krepppapier) gestalten, Planschbecken als Wasserstelle für Tiere hinstellen
  • Gespräch über Dschungeltiere
  • Anhören der Musik und sich dabei ein Dschungeltiervorstellen
  • Sich als Elefant zur Musik bewegen
  • Fragend-entwickelndes Gespräch über den Aufbaus des Stücks
  • In Kleingruppen eigene Bewegungen entwickeln und vorführen

 

Hörbeispiele auf der CD
1 Fiktiver Brief von Saint-Saëns
2 Der Elefant (Camille Saint-Saëns)
3 Thema A- getrötet
4 Übungshilfe: Thema A – getrötet, mit Pause

 

Tanzschule für Elefanten

 

In der Elefantentanzschule lernen die Kinder die beiden Grundschritte zum langsamen Walzer (eine noch ausführlichere Tanzbeschreibung befindet sich in MiG 1/97, S.24) . Dabei hat sich die folgende Methode bewährt. Die Kinder sitzen auf ihrem Stuhl im Sitzkreis oder an ihrem Tisch. Die Füße stellen sie so, dass die Beine einen Winkel von 90 Grad bilden. Auf Anweisung des Lehrers stellen sie den linken Fuß gerade zurück (unter den Stuhl), den rechten mit kleinem Abstand daneben. Der linke Fuß schließt neben dem rechten Fuß. Nach dem gleichen Muster übt man: rechts vor, links vor, rechts ran. Die Grundschritte werden mehrere Male wiederholt. Dabei gibt der Lehrer rhythmische Hilfen, indem er die Schrittfolgen mitspricht: “links rück, rechts rück, links ran”, später dann nur noch “links, rechts, links”. Danach probieren es die Schüler im Stehen hinter ihrem Stuhl oder in Reihen im Musik- oder Turnraum. Wenn der Lehrer als Vormacher mittanzt, sollte er den “Spiegeleffekt” beachten und entweder mit dem Rücken zu den Kindern tanzen oder mit Blick auf die Tanzenden das jeweils andere Bein nehmen.

Der Elefantentanz

Der Tanz ist so angelegt, dass die Schüler über die Bewegung die Dreiteiligkeit des Musikstücks kennen lernen.

Da Elefanten nicht gerade zu den graziösen Balletttänzern gehören, kommt es auch bei diesem Elefantentanz nicht auf Schönheit und Anmut an. Ganz im Gegenteil. Eine gewisse Lächerlichkeit wäre ganz im Sinne des Komponisten. Und lustig sehen die Elefantenkinder sicher aus, wenn sie ihren Elefantenfuß angeschnürt haben und wie eine Elefantenherde hintereinander stehen. Mit ihren Armen bilden sie einen Rüssel.

Am schnellsten lässt sich dieser einfache Tanz einüben, wenn der Lehrer die Tanzanweisungen gibt und gleichzeitig die Bewegungen vormacht. Die einzelnen Teile sind so deutlich zu unterscheiden, dass ein Mitzählen der Takte nicht nötig ist. Natürlich handelt es sich beim Elefantentanz nur um einen Vorschlag, alle Bewegungsbausteine können verändert oder umgestellt werden. Die ersten Takte werden zum Einschwingen der Rüssel auf den Rhythmus genutzt. Beim Einsatz des Kontrabasses setzt sich die Herde in Bewegung, Walzer tanzend zuerst nach vorne, dann nach hinten. Unsichere Schüler können sich dabei an ihrem Vorderkind orientieren. Im zweiten, schwingenden Teil, passt das plumpe Hin- und Zurückgehen nicht mehr so gut. Die Elefanten drehen sich um eine Vierteldrehung nach links und lassen den Rüssel hin- und herpendeln, bei der Wiederholung nehmen sie den Rüssel hoch und lassen ihn oben in der Luft hin- und herschwenken. Dann dreht sich jeder Elefant langsam einmal um sich selbst, so dass er wieder in der Ausgangsposition steht. Der Walzerschritt beginnt aufs Neue.

Hier der Ablauf:
Intro 4 Takte Rüssel langsam einschwingen
Thema A 16 Takte Walzerschritte
Thema B 4 Takte Vierteldrehung nach links, Rüssel unten schwingen lassen / 4 Takte Rüssel heben und oben in der Luft schwingen lassen / 4 Takte langsame Drehung nach links wieder in Ausgangsstellung / 4 Takte dort den Rüssel hin- und herschwingen
Thema A 16 Takte Walzerschritte wie beim Beginn

Arbeitsblatt
Paris im Jahre 1886
Bonjour, mes amis, mein Name ist Camille Saint-Saëns und ich möchte euch herzlich zum “Karneval der Tiere” einladen. Was, ihr kennt mich gar nicht, und von Fremden lasst ihr euch nicht einladen? Na, dann muss ich mich wohl zuerst einmal vorstellen. Ich bin Musiker, 50 Jahre alt und in meiner Geburtsstadt Paris sehr bekannt. Bereits als Kind habe ich Klavierkonzerte in riesigen Sälen gegeben. Erwachsene und Kinder jubelten mir zu und tobten vor Begeisterung. Das hat mir sehr gefallen. Doch das stundenlange Üben am Klavier fand ich sehr öde. Viel lieber habe ich aus dem Fenster gesehen und Tiere beobachtet. Manchmal habe ich versucht, sie auf dem Klavier nachzumachen. Das fand ich lustig. Als ich dann ein erwachsener Mann war, habe ich selber Klavierschüler unterrichtet. Da kam mir der Gedanke, mir für meine Schüler ein Musikstück auszudenken. Ich komponierte Musik, in der viele Tiere vorkamen: Löwen, Hühner, Esel, Schildkröten, Elefanten, Kängurus, Fische, Vögel, ein Schwan und auch bereits ausgestorbene Tiere.

Genannt habe ich mein Werk “Karneval der Tiere”. Am 9. März 1886 wurde es zum ersten Mal auf einer Karnevalsfeier aufgeführt. Alle Tiere hatte ich so gut verkleidet, dass sie manchmal nicht wiederzuerkennen waren. Hört doch einmal selbst. Erkennt ihr, welches Tier verzweifelt versucht, einen Walzer zu tanzen? Ich wüsste da eine gute Tanzschule. Habt ihr Lust, mitzukommen? Doch zunächst einmal: ratet doch mal, welches Tier gemeint ist Viel Vergnügen wünscht euch euer

Camille Saint-Saëns